PFBD oder Polyoma oder Fehldiagnose?

  • Zur "Vorgeschichte" siehe hier:



    Ich bin einigermaßen verwirrt bezüglich der Diagnostik meiner Tierärztin (aus der Landeshauptstadt NRWs): Zuerst hatte sie bei meinem ca. 8 Wochen alten und am letzten Wochenende stark "verhaltensauffälligen" Nymphen-Hahn Spirochäten festgestellt und ein Antibiotikum verordnet, für seine Schwester gleich mit. Da er daraufhin eine starke Polyurie entwickelte, fuhr ich mit ihm ein 2. Mal mit ihm dorthin: Röntgen war okay, also kein Nieren- oder anderer organischer Schaden. Das Blutbild war auffällig: Da ich kein Mediziner bin, habe ich's nicht wirklich verstanden, jedenfalls deute es auf eine virale Erkrankung hin, am ehesten PFBD oder Polyoma. Ein Alptraum, da ich früher schon einmal PFBD-erkrankte Sittiche hatte (und infolgedessen jahrelang keine mehr!).


    Die Dame, die mir die Vögel vermittelt hatte, reagierte fassungslos auf diese Nachricht - so etwas sei ihr in jahrzehntelanger Vogelvermittlung noch nie untergekommen, und den Züchter, von denen sie ihre (meist von den Eltern verstoßenen) Tiere bekommt, ebenfalls nicht. Ihre Alternativerklärung ist zu viel Stress durch den Umzug. Aber: Kann dadurch Polyurie auftreten? Außerdem: Kann die TÄ (die auch bei meinen damaligen Vögeln mit ihrer Verdachtsdiagnose leider richtig lag) sich so irren? Wie auch immer: Den definitiven Test würde ich sicherheitshalber bei einem anderen TA machen lassen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ich würde auf diesen (nicht preiswerten) Test gern verzichten, so wie ich inzwischen bereue, überhaupt zur TÄ gefahren zu sein; nur will ich natürlich wissen, ob ich, wenn einer der beiden stirbt, einen gesunden Vogel zum Verbleibenden dazusetzen kann, ohne ihn mit zu verseuchen.


    Fraglich ist auch weiterhin die Ursache der Polyurie:

    1) PFBD führt nicht dazu, das wüsste ich von meinen Vögeln von früher

    2) Das Antibiotikum lt. TÄ ebenfalls nicht - nur Doxicyclin (?) würde dazu führen, nicht aber das verordnete Orniflox

    3) Die behandelte Krankheit (durch Spirochäten), die aber eh symptomlos war (kein Würgen etc.) führt ebenso zu keiner Polyurie

    4) Die Nieren - s. o. - sind okay

    Was also ist die Ursache? (Die mitbehandelte Henne hat übrigens "normale" Ausscheidungen.)


    Zudem sorgt mich, dass der Kleine in der Woche (ja, tatsächlich erst EINE Woche!), in der ich ihn bei uns habe, eher ab- als zugenommen hat, obwohl er Kolbenhirse frisst bis zum Abwinken: Zurzeit hat er ca. 75 g, was wohl nach allgemeiner Einschätzung zu wenig ist!?

  • Du musst das unterscheiden: Die Spirochäten waren ein Befund und keine Verdachtsdiagnose - die Ärztin konnte sie sehen.


    Das mit dem Circovirus (PBFD) dagegen ist ein Verdacht , der erst durch ein Labor geprüft werden muss. Von daher ist eigentlich auch egal , welcher Tierarzt die Proben nimmt, der PCR-Test auf Virenmaterial wird (wie bei Corona) an ein externes Labor eingesandt.


    Ich finde den Gedanken nicht 100% abwegig , denn gerade bei Jungvögeln wirkt PBFD ähnlich wie beim Menschen mit HIV/Aids stark immunschwächend und viele von ihnen haben häufig wiederkehrende Infekte, besonders des Verdauungstrakts. Unendlich viel mehr, als das bei Altvögeln der Fall ist - für Jungvögel ist es so richtig gefährlich.. (auch Polyoma ist fast nur bei Jungvögeln von Bedeutung)


    Meine Vögel sind - ohne Verdacht - alle auf PBFD getestet worden, als ich Neuzugänge hatte. Zuerst der Altbestand UND dann die Neuzugänge, damit kein infizierter Vogel einen nicht infizierten ansteckt - so weit die Testgenauigkeit reicht.


    Wenn es ein Virus gibt, das fast noch besser zur Problematik passt, dann ist das allerdings das Adenovirus, das es in milder Form schon immer gab, das aber gerade in letzter Zeit einen recht aggressiven Verlauf gerade bei Nymphen vermehrt ausgelöst hat.
    Kropfproblematik und auch Spirochäteninfektionen gehörten zu den den häufigen Sekundärinfekten - zudem können Organe wie die Niere geschädigt werden .
    Leider ist das Virus auch bei erkrankten Vögeln mitunter schwer nachweisbar, mitunter wurde es erst in befallenen Organen beim verstorbenen Vogel nachgewiesen. Der Nachweis über Kloakenabstrich/Kot ist dabei wohl verläßlicher als der Bluttest. - vielleicht wurde es auch deshalb bei so wenigen der letztlich Infizierten nachgewiesen.
    Auch hier muss die Probe ans Labor zum PCR-Test eingesandt werden!


    Es gibt Leute, die lassen bei Neuzugängen einen kompletten Virencheck plus Chlamydien/Psittakose machen - von daher wäre ein Check auf PBFD, Adenovirus und auch auf Psittakose bei einem erkrankten Vogel ganz sicher nicht verkehrt.


    Zumal Circo- und Adenovirus eben gerade durch die Sekundärinfektionen wie z.B. die Spirochäten so gefährlich sind . Ich würde zudem zusätzlich noch auf Trichomonaden im Kropf untersuchen lassen - die wiederum können nur im ganz frischen Kropfabstrich mit einem zusätzlichen Tropfen Wasser unterm Mikro nachgewiesen werden und gehen auch schonmal mit nachfolgendem Spirochätenbegfall einher.

    1) PFBD führt nicht dazu, das wüsste ich von meinen Vögeln von früher

    PBFD verläuft bei Altvögeln zumeist sehr viel harmloser als bei Jungvögeln - letztere haben oft einen Infekt nach dem nächsten. Die Beschwerden von Altvögeln sind nicht mit denen bei Jungvögeln vergleichbar.
    In Sachen Polyurie bin ich da aber auch überfragt. Bei einer zusätzlichen Sekundärinfektion mit e.Coli könnte es dagegen wieder passen.

    2) Das Antibiotikum lt. TÄ ebenfalls nicht - nur Doxicyclin (?) würde dazu führen, nicht aber das verordnete Orniflox

    Zumindest meine Vögel hatten bei Orniflox bzw. dessen wirkstoffgleichen Vorgänger Baytril tatsächlich nie Polyurie. Aber ich hatte es eben als Baytrril und dann zudem noch übers Trinkwasser.
    Was ich mir noch vorstellen könnte, ist, dass nicht das Medi selber die Polyurie auslöst , sondern die große Flüssigkeitsmenge , mit der Du es schnabulös eingeben musst . Zudem schmeckt es scheußlich bitter, weshalb u.U. noch eine Menge nachgetrunken wird , um den Geschmack wegzuspülen - und prompt ist die Polyurie da, nur indirekt , weil "mechanisch" durch die dann riesige aufgenommene Wassermenge eine Folge des Orniflox


    Und ja, auch Stress kann Polyurie machen, hier aber immer nur kurzfristig.
    Anhaltende Polyurie war hier tatsächlich immer der Hinweis auf einen beginnenden Nierenschaden, der nur leider von den meisten Ärzt*innen (teils noch in der fachtierärztlichen Ausbildung) auf dem Röntgenbild nicht erkannt wurde, obwohl vom erfahrendsten Doc schon erkennbar.
    Im Blut sind Nierenschäden leider erst in schon sehr fortgeschrittenem Stadium erkennbar (hat eine meiner beiden Hennenschwestern mit röntgenologisch schon seit Jahren erkennbarer Nierenverändererung mittlerweile auch erreicht, )

    4) Die Nieren - s. o. - sind okay

    Da würde ich tatsächlich nochmal nachhaken. Wurden sie geröntgt (da lassen sich von erfahrenen Docs schon kleinste Veränderungen sehen , schon lange bevor sie im Blut sichtbar sind) , wurden die Harnsäurewerte untersucht?
    Ich habe hier an der Vogelklinik der TiHo Hannover tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass auf dem Röntgen schon angeknackste Nieren im Frühstadium (verbunden mit wiederkehrender starker Polyurie) nur vom erfahrendsten Doc erkannt wurden, bei den anderen Tierärztinnen selbst auf gezielte Nachfrage die Aussage kam, die Nieren seien o.k.
    Hier an diesem Punkt würde eine Zweitmeinung am meisten Sinn machen , mehr als bei den Virentests, die unter Umständen sowieso ans gleiche Labor gehen würden.


    Bei den Viren wäre es vor allem das Adenovirus, der sich gern in den Nieren einnistet, aber auch verschiedenste Infekte (auch Spirochäten) nach sich ziehen kann , an den ich bei einem viralen Infekt denken würde.



    ..eher ab- als zugenommen hat, obwohl er Kolbenhirse frisst bis zum Abwinken: Zurzeit hat er ca. 75 g,

    Frisst er noch etwas anderes als Kolbenhirse?
    Ich habe meine ja auch mit 8 Wochen frisch futterfest bekommen, was sie eigentlich noch gar nicht waren, weil sie in der ersten Woche auch erst noch nur an Kolbenhirse gegangen sind.
    Allerdings sind sie dann sehr schnell auch an andre Saaten gegangen.


    75g ist wirklich sehr sehr wenig und weiteres Abnehmen dabei gar nicht gut. Ich würde jetzt wirklich sehr ans zufüttern denken-.


    Zurück zu der Aussage Deiner Überschrift: Die Überlegung, auf PBFD testen zu lassen, kann keine Fehldiagnose sein, weil es noch überhaupt keine Diagnose ist , sondern nur das Schauen, was könnte hinter dem Befinden des Hahns und seines Infektes stecken?`
    Eine Diagnose wäre es erst mit erfolgtem Virentest - und da kommen tatsächlich Fehldiagnosen vor, weil sich nicht zwingend in jeder Probe Virenmaterial findet. (Aber auch das wäre nicht die Schuld der Ärztin , sondern kommt einfach vor).


    Und wie gesagt, ich würde bei Virentests auch auf Adenovirus testen lassen , der liegt noch näher an der Symptomatik. Nicht alle Vogeldocs wissen um die verschärfte Problematik des Adenovirus in Bezug besonders auf Nymphen - meiner wusste es so auch noch nicht., war auch nicht bei den entsprechenden Fachtagungen dazu, die wohl eher von den Tierärzt*innen des Südens der BRD aufgesucht wurden. Bei Informationsbedarf sollte sie sich an Dr. Britsch in Karlsruhe wenden - der hat als erster darauf aufmerksam gemacht.



    Da ich jeden Neuzugang auf PBFD testen lasse , kann ich es nicht als falsch betrachten, auf Circovirus /PBFD testen zu lassen - gerade bei einem infektiösen Jungvogel als Neuzugang .
    Die Ursache für die Beschwerden MUSS es nicht sein, aber es wäre schon gut, das mit einer gewissen Sicherheit auszuschließen - auch für die anderen Vögel.

    Die Chaostruppe: Momo :flug: Mumm :flug: Merlin :flug: Motte :flug: Maya :flug: und ihre Federlose
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    2 Mal editiert, zuletzt von karine ()

  • Danke für die vielen Infos!


    Kleine Korrektur: Ich habe nur die ersten zwei Tage das Orniflox direkt in den Schnabel gegeben... was die beiden Krummschnäbel mir aber so krumm nahmen, dass ich auf Trinkwassergabe umgestellt habe (was die TÄ eh ab Tag 4 empfohlen hat) - mit der Konsequenz, dass ein Vogel mit großem Durst eben zu viel Antibiotikum zu sich nimmt. Die TÄ findet das aber okay ("Eher zu viel als zu wenig"...???), und ich versuche es dadurch auszugleichen, dass ich dem Hahn öfter auch eine Schüssel mit "purem" Wasser reiche... es dürfte trotzdem mehr als genug ankommen.


    Ja, ich lasse alles testen, und werde am Montag in der Umgebung in Erfahrung bringen, wo ein Test möglich ist, ohne dem Kleinen noch mal anderthalb Stunden Autofahrt zumuten zu müssen. Ich habe nur leider in der Vergangenheit die Erfahrung machen müssen, dass alle Diagnostik, Therapie, alles Geldausgeben (Ich hatte zuvor nicht gewusst, dass man zum Halten kleiner Sittiche eine dicke Brieftasche benötigt) letzten Endes vergebens waren, da alle Tierchen, die man lieb gewonnen hatte, dann doch qualvoll eingegangen sind bzw. euthanisiert wurden. Und nach einer langen "Zwangsvogelpause" wegen PFBD direkt nach einer Woche wieder mit einer Verdachtsdiagnose darauf in die Vogelhaltung einzusteigen, ist... hm, zugegebenermaßen etwas frustrierend.


    Der Versuch, etwas Anders als Kolbenhirse in die Beiden reinzubekommen, ist ebenfalls bislang leicht frustrierend: Wahrscheinlich verbrauchen sie in der Zeit, die sie zum Futtern meiner Körnermischung brauchen, mehr Kalorien, als sie zu sich nehmen. Aber vielleicht dauert das nur noch ein paar Tage....


    Zur Interpretationsfähigkeit von Röntgenbildern der TÄ kann ich natürlich nicht viel sagen... ich hatte sie in früheren Zeiten wärmstens empfohlen bekommen, und dass sie keinen meiner Vögel bislang hat "retten" können, lag ja nicht an ihr, sondern an Krankheiten wie PFBD, Tumoren etc. Aber, wie ich's schon aus der Humanmedizin kenne: Zweitmeinung kann tatsächlich Leben retten!

  • wo ein Test möglich ist, ohne dem Kleinen noch mal anderthalb Stunden Autofahrt zumuten zu müssen.

    Pass da wirklich auf: Tierärzte ohne Zusatzausbildung zum Fachtierarzt für Vögel können zwar Federn zupfen, .... aber die Blutabnahme bereitet schon arge Probleme .

    Ich hatte einen Tierarzt ums Eck, der wirklich sehr vogelerfahren war (hat ihm auch mein Fachtierarzt bescheinigt, da könntest Du sie natürlich fragen, ob sie da wen Geeignetes kennt)) - aber bei Blutabnahmen z.B. war er er raus, auch weil seine Vertragslabore kein Vogelblut sinnvoll untersuchen können.
    Solltest Du in Düsseldorf bei Frau Dr. Köhnen sein, könnte u.U. Dr. Straub (auch Fachtierarzt für Vögel) in der Tierklinik Düsseldorf dichter an Dir dran sein.
    Aber dort solltest Du sehr aufpassen, Dich nicht bequatschen zu lassen, ihn stationär dort zu lassen*. Du solltest dort dann einfach sagen, dass Du bereits eine behandelnde Vogel-Tierärztin hast und nur die gezielten Untersuchungen durchführen möchtest (ich würde zu Circovirus/PBFD, Adenovirus und Trichomonaden raten, Polyomavirus eher eventuell).

    *weshalb ich das rate, nur per PN

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  • In meiner Nähe gäbe es zwei weitere auf Vögel spezialisierte Tierärzte. Naja... der Vorgänger des einen hatte vor zig Jahren mal einen Prachtfink eingeschläfert, und in der anderen Praxis gab man einem von mir aufgefundenen Wildvogel 3 Spritzen - eine Stunde später starb er. Deshalb kam ich wieder auf Fr. Koenen zurück. Ich werde morgen mal ein wenig telefonieren, und dann entscheiden, wie und wo es weitergeht.

  • Ich habe Dir schon eine PN geschrieben, vielleicht magst Du mir dort ja sagen, wer die andren beiden waren - Negativbewertungen sind halt mit Namen immer etwas heikel.

    Und von wo genau Du kommst, vielleicht kann ich Dir dann noch etwas anderes raten, auch wenn ich selber nicht aus "der Ecke" komme.

    Wie geht es Deinem Hähnchen denn jetzt aktuell?

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